In dem Camp Moria auf der griechischen Insel Lesvos standen gestern Nacht unzählige Zelte in Flammen. Das Camp ist fast vollständig zerstört. In den letzten Tagen gab es erste Coronafälle innerhalb des Camps – die Reaktion der Politik: Gitterzäune und Stacheldraht. Wie ein tödliches Virus in einem abgezäunten Camp, ausgelegt für 2.800 Menschen, in dem bis gestern 13.000 Menschen untergebracht waren, aussieht? Die Frage hat sich die Politik anscheinend nicht gestellt. Tausende Menschen haben, nicht zum ersten Mal, ihr gesamtes Hab und Gut verloren, wurden retraumatisiert und sind Verbrennungen, Obdachlosigkeit und willkürlichen Angriffen von Faschist_innen ausgeliefert.
Dem allen steht die omnipräsente Gefahr vornean, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Die Behörden und dortigen Autoritäten haben sich schon in der Vergangenheit nicht als Helfende Hände, sondern als Macht- und Gewaltwerkzeuge der europäischen Abschottungspolitik positioniert.
Moria brennt nicht seit gestern, sondern schon immer. Die europäischen Grenzen brennen, seit Menschen vor Ausbeutung und durch Waffenlieferungen verursachten Kriegen, Armut und wirtschaftlicher Aussichtslosigkeit nach Europa kommen. Nicht weil sie wollen, sondern weil sie müssen. Die Grenzen brennen, weil die europäischen Staaten sich weigern, eine dezentrale Aufnahme der Geflüchteten anzugehen. Die Furcht davor, Verantwortung zu übernehmen, überwiegt anscheinend die Währung der Menschenrechte.
Die Schuld trägt das System. Die Schuld tragen Seehofers‘, Orban’s, Mitsotakis‘ und Erdogan’s (die Liste ist lang), die den seit Jahrhunderten in den europäischen Staaten als Grundkonstituente des Kapitalistischen Wirtschaftssystems vertretenen Rassismus immer und immer wieder perpetuieren. Die Schuld trägt die „bürgerliche Mitte“, die als Hauptprofiteur die unmenschlichen Ausmaße und Auswüchse als gegeben hinnimmt. Jahrelang wurde durch Lobbyarbeit versucht, den in den Machtpositionen sitzenden Politiker_innen Honig um’s Maul zu schmieren, während Menschen vor den Pforten des ach so humanen, ja des als „Wiege des Humanismus“ umschriebenen Europas, im Mittelmeer ertrinken und an den Grenzen erschossen werden.
Während sich die Staaten für eine Abschottungspolitik loben, die an Perversion kaum zu überbieten ist, werden wir als hier lebende Menschen dazu konditioniert, von diesen Missständen abzusehen und nur die (für „uns“) rosigen Facetten des „großen Europas“ zu sehen. Wir sind beschämt. Beschämt über eine menschenverachtende Politik, die die Evakuierung der überfüllten Camps bis heute blockiert. Fassungslos darüber, dass das Sterben von Menschen an den Außengrenzen billigend in Kauf genommen wird. Was muss noch passieren, damit die Bundesregierung diese nicht endende Höllenfahrt endlich stoppt?
Wenn wir eins haben, dann Platz. Die Mittel, Menschen unterzubringen. Dies hat auch eine Aktion, die Anfang dieser Woche vor dem Bundestag stattgefunden hat, gezeigt. Dort wurden von einem Bündnis aktivistischer Organisationen 13.000 Stühle vor dem Bundestagsgebäude aufgestellt – um eben dies zu symbolisieren.
Wir fordern eine sofortige Versorgung und eine sichere Unterbringung der nun auf der Insel Lesvos, aber auch in anderen Camps in unmenschlichen Bedingungen festgehaltenen Menschen, die in und an Europas Toren weiterhin völliger Willkür und Misshandlungen ausgesetzt sind.
Evakuiert die Lager!
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